Performance

LÄNGSTER TAG
16h non stop Performance Festival
Kasernenhof l Zürich
21. Juni 2014
Konzept & Inszenierung:
Suzana Richle & Sara Lüscher

Mit:
Nanny Burri, Ida Sons & Ilvi, Jazmin Taco, Benjamin Sunarjo, Susanne Nagel, Miriam Strauss, Camille Peiry & Aline, Laura Ferrara, Pamela Mayer, Beate Frommelt & Uwe, Antje Lördemann & Elisabeth & Valeria, , Shorley & Co, Juliette & Urs & Manolo, Dina & Mica & Co, Sabina Maler, Wink Witholt, Daniela Laemann & Roger, Tamaris & Co, Kati Pfister & Co, Melanie & Tim & Nalu Barco, Regula Stucki, Clodette Ebnoether und Momo, Jane Gessler, Dora Balog, Lea Krieg & Levi, Doris Toth & Tula, Sabina Hinnen & Co, Lara Russi, Carla Hitz & Co, Zara Naqvi & Shona, Franziska Scheuber & Svenja Obrist, u.v.m.

Zusätzliche StatistInnen:
Zufällige Festival- und Park-BesucherInnen

Künstlerische Assistenz:
René Hofstetter

Kuratorinnen: Dorothea Rust & Irene Müller

Fotos: Esther Herzog, Stephan Achermann

 

Suzana Richle & Sara Lüscher untersuchen in ihren Arbeiten die subtil verlaufenden Grenzen zwischen Alltag und Inszenierung. Die Künstlerinnen inszenieren eine Gruppe von Akteuren in einem alltäglichen Setting, anhand eines von ihnen spezifizierten Improvisationskonzepts. Die ZuschauerInnen, mittendrin, sind ein Teil der Performance, bewegen sich auf dem Spielfeld, beobachten das Geschehen, die Handlungen, beobachten sich gegenseitig. Haufenweise parallele Geschichten entstehen, alle sind beteiligt, alles erfolgt zeitgleich. (Pressetext)

In multikultureller Umgebung, zwischen Bahngeleisen, Rotlichtmilieu und hipper Kunstszene, liegt das Kasernenareal. Der Innenhof des Areals, Umgeben von einem Restaurant, einem Kunstraum, einem Speisebahn-wagen, der Arbeitsintegrationsstelle wurde fein säuberlich neugestaltet, sogar ein Kräutergarten und ein Pflanzenlabyrinth wurde angelegt. Für den heutigen Tag wurde eine ovale Bühne gefertigt, eine Erhebung für die PerfomerInnen, welche im Stundentakt an diesem „längsten Tag der Performance“ ihre Handlungen zu präsentieren. Die Stunde von 14.30–15.30 Uhr wird von den Künstlerinnen Suzana Richle und Sara Lüscher unter dem Titel „Gegen 15 Uhr im Hof“ bespielt.

Die Bühne bleibt leer um 14.30 Uhr, auch sonst fällt einem auf der Wiese im Kasernenhof nichts besonderes auf. Erwartungsvoll flaniert das Performance-Festival-Publikum um das Wieseneck, auf welchem eine brasilianische Grossfamilie in Fussballtricots ein ländertypisches Churrasco mit Radiogedröhn und Tischgrill zubereiten. Nicht ungewöhnlich für einen sonnigen Samstagnachmittag im Langstrassenquartier. Eine junge Mutter liegt auf einer Matte, übt mit ihrem Sohn Yoga-Verrenkungen. Macht sie per Zufall hier Yoga, und merkt nicht dass sie mitten in einem Performancefestival liegt?
An diversen Säulen wird auf eine „Tanzimprovisation im Labyrinth um 15 Uhr“ hingewiesen. Ach so. Unser Blick fällt auf eine weiss gekleidete Frau, die soeben ihre Picknickdecke ausgebreitet hat und darauf lauter Skurilitäten sortiert. Auf der Performance-Bühne, die eben noch leer war, sitzt nun eine Frau in rotem Pullover mit grosser Tasche – eine Zuschauerin? Sie legt sich hin, geniesst die wärmende Frühlingssonne und räkelt sich. Oder ist sie die Performance? Die liegende Frau scheint wie weggetreten, schliesst die Augen und verharrt in liegenden Positionen auf der Bühne. Bewegt sich zum Bühnenrand, rollt schliesslich auf die Wiese, in verschiedenen liegenden Haltungen verharrend. Unter dem grossen Ahorn entdecken wir zwei alte Frauen, die auf Stühlen sitzen und Kreuzworträtsel lösen – gegenüber in der prallen Sonne sitzen allem Anschein nach zwei Kunststudentinnen, welche sich über eine Gipshand unterhalten. Hinter der grillierenden brasilianischen Gruppe sitzen zwei weitere Personen auf Klappstühlen und skizzieren Menschen und die Umgebung. Unser Blick fällt auf eine kaum bekleidete Dame, in hochhackigen Schuhen, mit Netzstrümpfen und Perücke, welche im Eingangsbereich zum Kasernenhof steht. Eine echte Prostituierte oder eine inszenierte? Wir wissen es nicht. Zwei Männer gehen auf sie zu und verwickeln sie in ein Gespräch. Auf der Wiese hat ein buntes Treiben eingesetzt, es ist fast drei Uhr: Die Wiese ist mittlerweile gefüllt mit kleinen Menschengruppen, die auf ihren Picknickdecken liegen oder sitzen, einander die Haare kämmen, Zeitung lesen, ein Baby wickeln, Ball spielen, sich gegenseitig fotografieren. Durch die Leute hindurch passiert eine Dame mit weissem Hut, welche Abfall sammelt - eine junge Frau auf einem Fahrrad umkreist nun schon zum x-ten Mal das Wieseneck. Wir begeben und nun Richtung Labyrinth und tatsächlich hat sich dort eine Gruppe von Tänzern eingefunden, die in diesem Kräutergarten eine tonlose Bewegungsperformance vorführen in erdfarbenen Kleidern. Nach Auflösung des Tanzes gehen wir wieder zurück zur Wiese - dort packt die eine oder andere Gruppe ihre Decken zusammen, einige haben das Wiesenfeld bereits verlassen. Die Szenerie löst sich langsam auf. Auch die Frau im roten Pullover ist verschwunden. Auf der konstruierten Holzbühne tanzt ein Kind, am Bühnenrand sitzt der Vater und spielt Mundharmonika. Schliesslich verstummt auch er.